Ihnen wurde gekündigt? Was es jetzt zu beachten gilt
Dass Ihnen Ihr Arbeitsverhältnis gekündigt wurde, ist zunächst sicher ein großer Schock für Sie, insbesondere, wenn Sie bereits viele Jahre für das Unternehmen tätig gewesen sind.
Doch Sie als Arbeitnehmer haben Rechte. Und diese Rechte setzt die Kanzlei Dr. Riemer für Sie durch! Die Erfahrung zeigt, dass sich eine anwaltliche Vertretung in 85 % aller Fälle für Sie auszahlen wird.
Es gilt nun, zeitnah anwaltlichen Rat zu suchen, um Ihre Ansprüche bestmöglich zu sichern und durchzusetzen. Wir arbeiten gemeinsam an einer für Sie optimalen Lösung Ihrer derzeitigen Situation. Denn wie wir im Folgenden aufzeigen werden, hat der Arbeitgeber viele Vorschriften zu beachten, wenn er Ihnen kündigt; dies kann für ihn schnell zum Fallstrick werden und dafür sorgen, dass die Kündigung unwirksam ist und Ihr Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Was Sie nach Erhalt der Kündigung unbedingt tun sollten
Verfallen Sie nicht in Schockstarre! Um Ihre Ansprüche zu sichern, steht Ihnen grundsätzlich lediglich ein vergleichsweise kurzes Zeitfenster von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung zur Verfügung. Sie sollten daher unbedingt zeitnah Kontakt zu einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin aufnehmen, um das optimale Vorgehen zu besprechen und Ihre Optionen zu sondieren. Weitere mögliche Ansprechpartner sind zunächst Ihre Gewerkschaft oder der Betriebsrat. Dabei gilt jedoch: anwaltliche Beratung können diese in den allermeisten Fällen nicht ersetzen.
Zugang der Kündigung und dementsprechende Wahrung der Klagefrist
Dass die Kündigung Ihnen zugeht, ist Voraussetzung für ihre Wirksamkeit.
Die Kündigung gilt als zugegangen, wenn sie dergestalt in den Machtbereich des Empfängers (also Ihnen) gelangt ist, dass Sie von ihr Notiz nehmen können. Der exakte Zeitpunkt ist für Sie auch deshalb wichtig, weil im Zeitpunkt des Zugangs die dreiwöchige Frist (§ 4 S.1 KSchG) für die Erhebung einer sogenannten Kündigungsschutzklage zu laufen beginnt. Nach Ablauf dieser Frist greift die Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG. Das bedeutet, dass danach nicht mehr gegen eine eigentlich unwirksame Kündigung vorgegangen werden kann, sie gilt ab diesem Zeitpunkt als wirksam.
Doch wann geht Ihnen die Kündigung nun zu?
Der Zeitpunkt ist nicht immer unumstritten, wird aber folgend näher beleuchtet.
Eindeutig gelagert ist etwa der Fall, in dem Ihr Arbeitgeber Ihnen das Kündigungsschreiben persönlich in die Hand drückt: In diesem Moment geht Ihnen die Kündigung zu, Sie können sie problemlos zur Kenntnis nehmen.
Erhalten Sie die Kündigung allerdings auf postalischem Weg, geht Ihnen die Kündigung erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Briefträger das entsprechende Schreiben in Ihren Briefkasten wirft.
Komplizierter ist der Fall, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht per Post an Sie schickt, sondern selbst bei Ihnen in den Briefkasten wirft. Dann kommt es auf die Tageszeit an, zu der dies geschieht: Wird die Kündigung eingeworfen, bevor an diesem Tag üblicherweise der Briefträger die Post einwirft, gilt sie als an diesem Tag zugegangen, da Sie dann die Möglichkeit haben, die Kündigung mit der übrigen Post zur Kenntnis zu nehmen. Erfolgt der Einwurf jedoch erst am Nachmittag oder gar am Abend, haben Sie für gewöhnlich erst am Folgetag die Möglichkeit der Kenntnisnahme, sodass die Frist auch erst dann zu laufen beginnt.
Beim Zugang gilt es zudem zu beachten, dass es lediglich auf die theoretische Möglichkeit der Kenntnisnahme ankommt, damit die Kündigung wirksam wird. Ob Sie sie hingegen tatsächlich auch zur Kenntnis genommen haben, ist irrelevant. So ist es durchaus möglich, dass eine Kündigung Ihnen gegenüber zugeht, obwohl Sie sich im Urlaub oder im Krankenhaus befinden. In solchen Fällen ist es dann nicht unüblich, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung nicht mehr möglich ist.
In diesem Fall bietet § 5 KSchG die Möglichkeit, verspätete Klagen dennoch zuzulassen. Für die oben genannten Beispiele, nämlich den Arbeitnehmer, der sich zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung im Urlaub oder in stationärer Behandlung im Krankenhaus befindet, sieht etwa der § 5 Abs.1 KSchG die Möglichkeit vor, die Klage trotz Fristablaufs auf Antrag zuzulassen. Für den Arbeitnehmer gilt es jedoch in diesem Fall zu beachten, dass auch dieser Antrag fristgebunden ist (§ 5 Abs.3 KSchG). Daher sollten Sie umgehend rechtlichen Rat einholen.
Weiterhin muss, damit die dreiwöchige Frist zu laufen beginnt, Ihnen die Kündigung im Original zugehen.
Es reicht zunächst aus, dass Sie sich in der Klageschrift auf die Rechtswidrigkeit der Kündigung berufen. Kündigungsgründe teilt der Arbeitgeber im Kündigugsschreiben zumeist noch gar nicht mit. Weitere Gründe, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, können gem. § 6 KSchG noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in 1. Instanz vorgetragen werden, auch wenn sie die Klageschrift nicht ausdrücklich erwähnt.
Schriftformerfordernis
Wenn Sie jemals die US-Serie „The Apprentice“ mit dem derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump gesehen haben, ist Ihnen der Ausspruch „You´re fired!“ sicher bestens bekannt. Auch aus anderen Sendungen kennt man Szenen, in denen der Vorgesetzte seinen Mitarbeiter zusammenstaucht, ihm sagt, dass er gefeuert ist und der Angestellte daraufhin geknickt seine sieben Sachen packt und den Arbeitsplatz räumt.
Ganz so einfach ist es in Deutschland nicht, Arbeitnehmer sind hierzulande weitaus besser geschützt.
Dazu trägt u.a. das sogenannte Schriftformerfordernis bei. Dieses ist in § 623 BGB verankert und besagt, dass eine Kündigung schriftlich erfolgen muss, wobei die elektronische Form ausgeschlossen ist.
Dadurch ist z.B. eine wirksame Kündigung per E-Mail, Fax oder WhatsApp ausgeschlossen, auch eine mündliche Kündigung ist offensichtlich unwirksam.
Kündigung als einseitige Gestaltungserklärung
Die Kündigung stellt eine einseitige Gestaltungserklärung dar. Als solche unterliegt sie gewissen Grenzen und ihre Wirksamkeit ist auch in dieser Hinsicht an gewisse Voraussetzungen geknüpft. 4
Zu nennen sei an dieser Stelle exemplarisch, dass derjenige, der die Kündigung ausspricht zum Ausspruch der Kündigung befugt sein muss. Zudem ist die Kündigung als einseitige Gestaltungserklärung bedingungsfeindlich.
Wahrung der Kündigungsfrist
Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung ist, dass Ihr Arbeitsverhältnis unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist beendet wurde.
Zunächst sieht das Gesetz in § 622 BGB Kündigungsfristen vor. Deren Länge ist abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Ausspruch ist entweder zum 15. eines Monats oder zum jeweiligen Monatsende möglich (§ 622 Abs.1 BGB). Hat das Arbeitsverhältnis mindestens bereits zwei Jahre bestanden, verlängert die Kündigungsfrist gem. § 622 Abs. 2 BGB wie folgt:
Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
- zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
- fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Vorrangige Anwendung vor den gesetzlichen Kündigungsfristen finden jedoch individuell bzw. tarifvertraglich vereinbarte Kündigungsfristen. Erst, wenn eine solche nicht oder nicht wirksam vereinbart wurde, greifen die in § 622 BGB genannten Fristen.
Findet auf Ihr Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifbindung ein Tarifvertrag Anwendung, ist zu beachten, dass eine von der im Tarifvertrag vereinbarten Kündigungsfrist abweichende Frist im jeweils individuellen Arbeitsvertrag nur zur Geltung kommt, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger ist. Wann dies der Fall ist, ist umstritten und jeweils im Rahmen eines Gesamtvergleichs zu beurteilen. Der für den Günstigkeitsvergleich maßgebliche Zeitpunkt ist derjenige des Abschlusses des Arbeitsvertrages.
Ausschluss der ordentlichen Kündigung
Zu beachten ist weiterhin, dass die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein kann.
Dies kann entweder auf kollektivrechtlicher Ebene durch eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag geschehen oder auf individueller Basis im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbart werden.
Auch das Gesetz kennt Fälle, in denen eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein kann: So etwa im Falle von befristeten Arbeitsverhältnissen (§ 15 Abs.3 TzBfG) und für Angehörige von Organen der Betriebsverfassung und Personalvertretung (§ 15 Abs.1-3a KSchG).
Ein besonderer Kündigungsschutz gilt auch für Datenschutzbeauftragte (§ 6 Abs. 4 BDSG) und Auszubildende (§ 22 BBiG).
Nichtigkeit der Kündigung
Ihre Kündigung kann darüber hinaus aus vielerlei Gründen nichtig sein. In Betracht kommt hier zum Beispiel, dass die Kündigung einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB darstellt oder gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 Abs.1 i.V.m. § 1 AGG) verstößt, etwa wenn eine Kündigung schlicht deshalb ausgesprochen wurde, weil der Arbeitgeber einen homosexuellen Arbeitnehmer loswerden wollte.
Zu beachten ist ebenfalls, dass eine Kündigung wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig sein kann. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine arbeitgeberseitige Kündigung nur dann gegen das in § 242 BGB verankerte Gebot von Treu und Glauben verstößt, wenn Treu und Glauben aus Gründen verletzt werden, die nicht von § 1 KSchG erfasst sind, wie das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 05.12.2019 (BAG, Urt. v. 5.12.2019 – 2 AZR 107/19) feststellte.
Bedeutsam ist auch, dass für bestimmte Personengruppen eine behördliche Zustimmung erforderlich sein kann, damit eine ihnen gegenüber ausgesprochene Kündigung tatsächlich rechtmäßig ist. Beispielsweise ist dies erforderlich bei schwerbehinderten Arbeitnehmern (§ 168 SGB IX) oder Frauen, die zurzeit schwanger sind, kürzlich entbunden haben oder eine Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche erleiden mussten (§ 17 MuSchG).
Der Betriebsrat und die Kündigung
Existiert in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat, so ist dieser, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen möchte, in aller Regel vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß anzuhören (§ 102 BetrVG). Wird der Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört, ist die Kündigung unwirksam (§ 102 Abs.1 S.2 BetrVG).
Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats entfällt jedoch beispielsweise, wenn Sie leitender Angestellter i.S.v. § 5 Abs.3 BetrVG sind.
Besteht die Pflicht zur Anhörung des Betriebsrates, muss der Arbeitgeber diesem Ihre personenbezogenen Daten wie etwa Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie etwaig bestehende Unterhaltsverpflichtungen laut Steuerkarte, sowie die Daten der Kündigung, also etwa die Art der Kündigung und die Kündigungsgründe, mitteilen.
Hat der Betriebsrat bezüglich der Kündigung Bedenken, hat er nun eine Woche Zeit, diese dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen (§ 102 Abs.2 S.1 BetrVG), wenn es sich um eine ordentliche Kündigung handelt. Handelt es sich hingegen um eine außerordentliche Kündigung, muss der Betriebsrat unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – tätig werden, spätestens jedoch innerhalb von 3 Tagen (§ 102 Abs.2 S.3 BetrVG).
Äußert der Betriebsrat innerhalb der Frist keine Bedenken, gilt dessen Zustimmung zur Kündigung als erteilt (§ 102 Abs.2 S.2 BetrVG).
Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz
Hierbei handelt es sich um die wirksamste Waffe, die einem Arbeitnehmer zur Verfügung steht, um sich gegen eine Kündigung zu wehren.
Damit Sie sich auf allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG berufen können, muss zunächst der sogenannte Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eröffnet sein. Ist dies der Fall, bedarf die Kündigung der sozialen Rechtfertigung (§ 1 Abs.1 KSchG).
Gemäß § 1 Abs.1 KSchG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Zudem darf es sich nicht um einen Kleinbetrieb i.S.v. § 23 Abs.1 S.2-4 KSchG handeln (dazu müssen regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer im betroffenen Betrieb arbeiten).
Ist festgestellt, dass der allgemeine Kündigungsschutz im Falle Ihrer Kündigung greift, bedarf die Kündigung der sozialen Rechtfertigung. § 1 Abs.2 KSchG listet auf, wann eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist.
Die praktisch wohl bedeutsamsten Gründe nennt § 1 Abs.2 S.1 KSchG. Dieser besagt, dass eine Kündigung, um sozial gerechtfertigt zu sein, entweder durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers (sogenannte personenbedingte Kündigung) oder in seinem Verhalten (sogenannte verhaltensbedingte Kündigung) liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse (sogenannte betriebsbedingte Kündigung) bedingt sein muss.
Eine personenbedingte Kündigung ist immer denkbar bei mangelnder Eignung des Arbeitnehmers aus einem von diesem nicht steuerbaren Grund. Er ist also nicht mehr in der Lage, künftig eine vertragsgemäße Leistung zu erbringen. Entscheidend ist hier, dass der Arbeitnehmer nicht kann und nicht, dass er nicht will. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer über einen langen Zeitraum erkrankt ist oder immer wieder für kürzere Zeiträume erkrankt.
In dieser Hinsicht muss auch eine negative Zukunftsprognose vorliegen, d.h. es muss zu erwarten sein, dass die Störung (z.B. die lang anhaltende Erkrankung) bis zum Ablauf der Kündigungsfrist anhalten wird.
Der Arbeitgeber kann sich hier insbesondere auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit berufen. Dem können Sie als Arbeitnehmer begegnen, indem Sie im Verfahren Ihren Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die langanhaltende Erkrankung beinahe ausgeheilt ist oder der Anlass für diverse kurze Erkrankungen nicht mehr besteht und damit für die Zukunft zu prognostizieren ist, dass Sie die Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistung werden erfüllen können.
Weitere Voraussetzung bei der personenbedingten Kündigung ist, dass der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, Sie auf einem freien Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen, auf dem Ihre Einschränkungen gar nicht oder zumindest lediglich in unerheblicher Weise ins Gewicht fallen. Dabei ist der Arbeitgeber wegen § 1 Abs.2 S.3 KSchG auch verpflichtet, zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen. Als freier Arbeitsplatz gilt in diesem Zusammenhang jeder Arbeitsplatz, der zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich unbesetzt ist oder es zum Ablauf der Kündigungsfrist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sein wird.
Zudem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dort stehen sich das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung und das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Abwägungsgüter gegenüber. Damit eine Kündigung wirksam ist, muss das Abwägungsinteresse des Arbeitgebers an der Beendigung das Interesse des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses überwiegen.
Hier kann sich zu Gunsten des Arbeitnehmers z.B. eine lange Betriebszugehörigkeit niederschlagen. Ebenso ist sein Interesse an der Weiterbeschäftigung beispielsweise besonders hoch, wenn die Ursache für die fehlende Eignung z.B. ein Arbeitsunfall war.
Das Bundesarbeitsgericht berücksichtigt, obwohl dies i.d.R. keine vertragsbezogenen Umstände sind, auch, ob es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Schwerbehinderten handelt und ob und wenn ja in welchem Umfang er anderen zum Unterhalt verpflichtet ist.
Zu Gunsten des Arbeitnehmers wirken sich im Rahmen der Interessenabwägung alle betrieblichen und ökonomischen Beeinträchtigungen aus, solange sie durch die mangelnde Eignung des zu kündigenden Arbeitnehmers kausal verursacht wurden. Im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung erlangt der Umstand, in welcher Höhe der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung zu leisten verpflichtet war, erhebliche Bedeutung.
Im Gegensatz zu einer personenbedingten Kündigung, bei der der Arbeitnehmer nichts für den Grund der Kündigung kann, liegt der Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung in einem Tun oder Unterlassen des Arbeitgebers. Dies kann z.B. die Weigerung sein, die Arbeit aufzunehmen (also Unterlassen) oder Diebstahl am Arbeitsplatz (Tun).
Es muss also eine Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht vorliegen. Die Weigerung, die Arbeit aufzunehmen, wäre die Verletzung einer vertraglichen Hauptpflicht, denn der Arbeitnehmer schuldet die Überlassung von Arbeitsleistung gegen Entgelt, dies stellt den Hauptinhalt eines jeden Arbeitsvertrages dar. Diebstahl am Arbeitsplatz wäre hingegen die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht, denn gemäß § 241 Abs.2 BGB schulden die Vertragsparteien einander Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweiligen Vertragspartners. Stiehlt der Arbeitnehmer Sachen, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen, ist Eigentum als Recht i.S.v. § 241 Abs.2 BGB betroffen. Handelt es sich hingegen um Eigentum von Kunden oder Besuchern, sind die Interessen des Arbeitgebers in Form seiner Reputation bzw. seines guten Rufs als Rechtsgut betroffen; niemand beauftragt einen Elektriker, der in dem Ruf steht, Großmutters Teeservice mitgehen zu lassen.
Weiterhin muss der Arbeitnehmer in aller Regel die Pflichtverletzung auch zu vertreten, also schuldhaft gehandelt haben.
Zu beachten ist, dass bei leichteren Pflichtverletzungen, wie z.B. dem Zuspätkommen, der Kündigung eine Abmahnung vorausgehen muss. Ist das der Fall, müssen zudem der Grund für die Abmahnung und der für die Kündigung identisch sein: Werden Sie wegen Zuspätkommens abgemahnt und beschädigen dann aus Versehen Eigentum Ihres Arbeitgebers, handelt es sich um ein Verhalten, das, um eine Kündigung zu rechtfertigen, separat abgemahnt werden müsste; die Abmahnung wegen Zuspätkommens greift hier nicht.
Bei schweren Verstößen, die insbesondere dann anzunehmen sind, wenn dem Arbeitnehmer klar sein muss, dass der Arbeitgeber sein Verhalten nicht hinnehmen wird, ist eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung entbehrlich: Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitnehmer androht, dass er, für den Fall, dass sein Urlaub nicht genehmigt wird, krankfeiern wird.
Das Fehlen einer zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist eine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung.
Auch bei der verhaltensbedingten Kündigung ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Im Vergleich zur Interessenabwägung im Rahmen einer personenbedingten Kündigung sind die Anforderungen, was die Beeinträchtigung der betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers angeht, jedoch niedriger. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitgeber sein Verhalten schließlich steuern kann und es damit in seiner Verantwortung liegt, dem Arbeitgeber keinen Anlass zu einer entsprechenden Kündigung zu bieten.
Einer betriebsbedingten Kündigung muss eine unternehmerische Entscheidung zu Grunde liegen.
Als unternehmerische Entscheidung ist allerdings nicht der Entschluss anzusehen, den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen zu wollen. Vielmehr muss der Entschluss, den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen zu wollen bzw. die Lohnkosten zu senken, seinerseits auf einer unternehmerischen Entscheidung beruhen. Als solche ist etwa die Schließung einer Produktionsstätte wegen Absatzproblemen anzusehen oder die Notwendigkeit, einen in Folge der Digitalisierung und Automatisierung überflüssig gewordenen Arbeitsplatz abzubauen.
Diese unternehmerische Entscheidung ist lediglich in eingeschränktem Umfang einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. So kann das Gericht nur überprüfen, ob die Entscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 26.6.1975). Allerdings darf der Arbeitgeber keine Arbeitsplätze abbauen, zu deren Vorhaltung er durch Gesetz verpflichtet ist; dies könnte beispielsweise der Arbeitsplatz eines Sicherheitsbeauftragten sein.
Hält der Arbeitnehmer die Entscheidung für unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, so trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Die Ursache der unternehmerischen Entscheidung unterteilt das Bundesarbeitsgericht in innerbetriebliche und außerbetriebliche Ursachen.
Darüber hinaus ist ggf. durch den Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass es durch die unternehmerische Entscheidung zum dauerhaften Wegfall von Arbeitsplätzen kommen wird. Dies darf jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass dargelegt und bewiesen werden muss, warum gerade dieser Arbeitsplatz weggefallen ist. Es ist lediglich erforderlich, dass der Arbeitgeber darlegt, dass, bedingt durch seine Entscheidung ein Überhang an Arbeitskräften vorhanden ist. Hierzu ist es bereits ausreichend, wenn der Arbeitgeber entschieden hat, bestimmte Aufgaben künftig von externen Kräften ausführen zu lassen (sogenanntes Outsourcing).
Nötig ist zudem ein kausaler Zusammenhang zwischen der unternehmerischen Entscheidung und dem Wegfall des Arbeitsplatzes.
Auch bei der betriebsbedingten Kündigung ist eine sogenannte Negativprognose von Nöten. Diese Prognose muss hier dergestalt ausfallen, dass der Arbeitsplatz -spätestens- zum Ablauf der Kündigungsfrist wegfällt.
Die Kündigung aus betrieblichen Gründen stellt hier die ultima-ratio dar. Gleichwohl ist es ausreichend, dass die Kündigung zur Verwirklichung des Ziels der unternehmerischen Entscheidung sowohl geeignet als auch erforderlich ist, eine Angemessenheitsprüfung ist nicht vorzunehmen, da die unternehmerische Entscheidung selbst ja nicht auf ihre Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit hin untersucht werden kann.
Weiterhin muss der Arbeitgeber eine soziale Auswahl gem. § 1 Abs.3-5 KSchG treffen.
Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn es mehr Kündigungskandidaten als tatsächlich zu kündigende Stellen gibt, etwa weil der Arbeitgeber Personal aus anderen Abteilungen kündigen könnte, um dessen frei werdenden Posten mit jemandem zu besetzen, dessen Stelle von der unternehmerischen Entscheidung direkt betroffen ist.
Nach dem Prinzip der Sozialauswahl ist nun denjenigen Kandidaten zu kündigen, die durch die Kündigung sozial am wenigsten betroffen bzw. weniger schutzbedürftig sind.
Unter Berücksichtigung der in § 1 Abs.3 KSchG genannten zu berücksichtigenden Gesichtspunkte trifft eine solche Kündigung daher tendenziell jüngere, ledige Arbeitnehmer mit guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die keine nennenswerten Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen haben.
In der Praxis können bei der Beantwortung der Frage, welche Arbeitnehmer nun in die soziale Auswahl miteinzubeziehen sind, gewisse Schwierigkeiten auftreten. Grundsätzlich sind das jene Arbeitnehmer, die im Prinzip untereinander austauschbar sind, also auf der gleichen hierarchischen Stufe stehen und vergleichbare Qualifikationen aufweisen. Ausgenommen sind unkündbare Mitarbeiter und besonders qualifizierte Arbeitskräfte, die daher für den Arbeitgeber von vorrangiger Bedeutung sind.
Wie Sie sehen, halten Recht und Rechtsprechung zahlreiche Stolpersteine bereit, die einer wirksamen Kündigung entgegenstehen können.
Daher sollten Sie eine Kündigung keinesfalls einfach so hinnehmen. Nehmen Sie Kontakt zu einem Rechtsanwalt auf und lassen sich von qualifizierten Juristen kompetent beraten; es zahlt sich in einer überwältigenden Mehrheit der Fälle für Sie aus!
Wenn Sie rechtsschutzversichert sind, ist mit einem Vorgehen gegen Ihre Kündigung oftmals sogar keinerlei Kostenrisiko verbunden.
Erstellt am 02.10.2020
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